Bestände (KSCV)

Juli 2011

SC zu Eisenach und Weinheimer SC (1914)

Am 1. März 1914 bat der CC der Hubertia Eisenach den SC zu Darmstadt als Vorort des Weinheimer Senioren-Convents um Mitteilung der Aufnahmebedingungen in den WSC, "insbesondere darüber, ob Corps an Forstakademien mit Direktorialsystem aufgenommen werden können." Das Corps bilde "mit Corps Silvania den Eisenacher Lokal-SC und hat als älteste Eisenacher Korporation (1862) einen guten AH-Verband", wie man nicht zu betonen vergaß. Auf Rückfrage überreichte Hubertia noch Satzung, Semesterbericht und AH-Verzeichnis. Offensichtlich fiel die Antwort des WSC trotzdem negativ aus.

Die Corps an den Forstakademien fanden erst vergleichsweise spät Anschluss an die großen Corpsverbände. Zwar unterhielten Hubertia und Saxonia Tharandt ein Paukverhältnis mit den SC zu Dresden und Freiberg und stellten schon in den 1880er und 1890 Jahren (vergebens) Aufnahmeanträge an den WSC, doch gelangten bis zum Ersten Weltkrieg nur die drei Aschaffenburger Forstcorps mit ihrer Verlegung nach München (1910) und der Reception in den Münchener SC des KSCV in einen der beiden großen Verbände. Auch nach dem Krieg, als andere Forstcorps (die aus Karlsruhe verlegte Hubertia Freiburg 1921, der SC zu Tharandt 1922 sowie die - allerdings erst kurz zuvor aus Hamburg an die dortige Forstakademie übergesiedelte - Saxonia Hann.-Münden 1931) sich ebenfalls dem KSCV anschlossen, blieben die beiden Eisenacher Corps außen vor.

Das lag nicht zuletzt auch am Schicksal der Eisenacher Akademie: Die Großherzoglich Sächsische Forstlehranstalt wurde 1803 als zunächst privates Lehrinstitut gegründet und 1848 in staatliche Obhut genommen, 1905 in eine Forstakademie umgewandelt, nach dem Ersten Weltkrieg 1919 aber aufgelöst. Die beiden heimatlos gewordenen Corps verlegten nach Gießen, wo sie beim bestehenden SC keine sonderlich gute Aufnahme fanden.

Beide hatten zu diesem Zeitpunkt bereits eine bewegte Geschichte hinter sich: Hubertia ging aus einer 1848 gegründeten Tischgesellschaft "Mohrenkneipe" hervor, die sich 1862 in die schwarze Verbindung Hubertia umwandelte und 1865 in eine farbentragende Landsmannschaft. Die Mitglieder waren dem Charakter des Akademie entsprechend nahezu ausschließlich Forstleute. Auffällig ist, dass 1871/72 eine größere Zahl von Briten aktiv wurde, die später als Forstangestellte im indischen Kolonialdienst tätig waren. Prominenteste Mitglieder der Hubertia waren die beiden Ehrenmitglieder Georg und Wilhelm Prinz zu Sayn-Wittgenstein.

Nach längerer Suspension (1896-1905) und der Rekonstitution, zunächst als Verbindung, dann wieder als Landsmannschaft, nahm Hubertia 1908 das Corpsprinzip an. Nachwuchsprobleme erzwangen aber im folgenden Wintersemester schon wieder die Suspension (bis 1911). Nachdem die Annäherung an den WSC zu keinem Erfolg geführt hatte, wurde mit Beginn des Ersten Weltkriegs der Aktivenbetrieb in Eisenach endgültig eingestellt. Wegen der Auflösung der Forstakademie erfolgte die Verlegung nach Gießen und dort am 1. Mai 1921 die Rekonstitution. Hubertia reoncierte im Rudolstädter SC (RSC), wurde 1922 recipiert und trat dem "Grünen Kartell" mit Franconia Berlin, Normannia Hannover und Suevo-Salingia München bei. Nach erneuter Suspension im Sommersemester 1929 trat die Altherrenschaft 1930 aus dem RSC aus. Durch Fusion mit Rheno-Nicaria Mannheim entstand die Burschenschaft in der DB Hubertia-Rhenonicaria zu Heidelberg, die bis 1936 bestand. Bei der Rekonstitution der Rheno-Nicaria als Corps im WSC 1953 wurde der Fusionsvertrag mit Hubertia ausdrücklich bestätigt.  Damit gelangte Hubertia fast vierzig Jahre später doch noch in den WSC.

Einen ähnlichen Verlauf nahm die Geschichte der Silvania: Sie entstand 1850 als Tischgesellschaft "Löwenkneipe", wandelte sich 1865 in die farbentragende Verbindung Silvania, später in eine Landsmannschaft um und musste 1880 aus Mangel an Mitgliedern suspendieren. 1884 wurde sie als forstakademische Verbindung rekonstituiert und 1911, drei Jahre nach Hubertia, in ein Corps umgewandelt. In Eisenach bestand sie als solches bis 1915, verlegte 1921 ebenfalls nach Gießen und wurde 1922 in den RSC recipiert. Im Wintersemester 1922/23 verschmolz mit ihr die suspendierte freischlagende Verbindung Thuringia Eisenach (1905-1915). 1922 trat Silvania dem Orange-Kartell (mit Salingia Berlin und Saxo-Borussia Leipzig) bei. Nach Fusion mit dem Kartellcorps Salingia Berlin/Halle (1931) wechselte Silvania 1933 als "Landständische Bauernschaft" für kurze Zeit in den Naumburger Thing (Deutsche Bauernschaft). Ein Konventsbeschluss zur Verlegung nach Berlin vom 2. September 1935 kam wegen der Auflösung des Naumburger Things nicht mehr zur Durchführung. Im April 1954 fusionierte Silvania wie zuvor schon Hubertia mit Rheno-Nicaria Mannheim, deren Altherrenvervand die Bezeichnung "Verband Alter Rhein-Neckarländer, Huberten und Silvanen e. V. zu Heidelberg" annahm. Rheno-Nicaria führt damit heute als einziges Corps die Tradition des SC an der Forstakademie zu Eisenach fort.

Quelle: Archiv der Weinheimer Corpsstudenten, Bestand A 1 Nr. 462 - Weiterführende Literatur: Jürgen Setter: Kleine Geschichte der Verbindungen in Gießen, Gießen 1982.

Hf.